Die Löhne in Deutschland sind seit den 2000er-Jahren real kaum gestiegen. Gleichzeitig erlebte das Land einen wirtschaftlichen Aufschwung. Eine Reihe von Experten leitet daraus einen Zusammenhang ab: Die äußerst moderate Lohnentwicklung habe der deutschen Wirtschaft zu mehr Wettbewerbsfähigkeit verholfen und damit das Wachstum erst ermöglicht. Doch bei genauerem Hinsehen erweist sich diese Annahme als unzutreffend, wie Thorsten Schulten vom WSI zeigt.
Das deutsche Wirtschaftsmodell beruht schon seit Langem auf einem starken Exportsektor. Der Stellenwert der Ausfuhren ist in den vergangenen Jahren noch gestiegen: Mit etwa 46% des Bruttoinlandsprodukts (BIP) habe die Exportquote in den Jahren 2012 und 2013 ihren bisherigen Höhepunkt erreicht, schreibt Schulten.
Als wesentlichen Grund für den rasanten Anstieg der Ausfuhren nennt Schulten das Wachstum in den wichtigsten Exportmärkten und den damit verbundenen Nachfrageschub. Ein etwaiger Vorteil auf der Kostenseite – angesichts jahrelang stagnierender Lohnstückkosten – habe dagegen nur eine untergeordnete Rolle gespielt. Schließlich beruhe die Wettbewerbsfähigkeit der deutschen Exportindustrie weniger darauf, kostengünstig zu produzieren, sondern auf einem hohen technologischen Standard, einer hohen Qualität von Produkten und Dienstleistungen sowie verlässlichen Wirtschaftsbeziehungen. Weiterlesen