Lobbyismus an Schulen

Dass Lobbyisten die Schulen als Handlungsfeld für ihre indirekte Lobbyarbeit entdeckt haben, ist alarmierend. Diese Form der Einflussnahme hat zugenommen und ist professioneller geworden. Gleichzeitig haben die gesetzlichen Regeln und gesellschaftlichen Mechanismen mit dieser Entwicklung nicht Schritt gehalten.

Politik und Gesellschaft sind daher gefordert, sich aktiv mit dieser zunehmenden Einflussnahme auseinanderzusetzen und zu überlegen, was in den Schulunterricht gehört und was nicht. Dies ist eine Frage, die immer kontrovers bleiben wird und immer wieder neu politisch ausgehandelt werden muss. Umso wichtiger ist es, die Debatte über Lobbyismus an Schulen zu führen. Dass LehrerInnen bei dem Thema Lobbyismus an Schulen eine wichtige Rolle haben, liegt in der Natur der Sache. Als „Gatekeeper“ können sie mit Materialien und Kooperationen kritisch umgehen oder sie sogar verhindern, vor allem dann, wenn Manipulationen deutlich sichtbar sind.

Diese kritische Auseinandersetzung wird jedoch strukturell erschwert und damit die Situation verschärft. Die zunehmend schlechte finanzielle Ausstattung des Bildungssystems macht Schulen anfälliger, sich auf externe Angebote einzulassen, um einen attraktiven Schulalltag zu gewährleisten.

Dass LehrerInnen in Fächern unterrichten, in denen sie nicht ausgebildet wurden, ist keine Seltenheit und verstärkt die Problematik. Das strategische Vorgehen, die Aktivitäten an Schulen unverfänglich erscheinen zu lassen, sollte nicht unterschätzt werden. Hinter der Meinungsmache an Schulen steckt häufig viel Geld und Know-how mit dem Ziel, interessengeleitetes Material neutral zu verpacken und so in den Unterricht zu bringen.

Schulen müssen sich aktiv mit der Einflussnahme auf Inhalte auseinandersetzen und diese thematisieren. Unterschiedliche Maßnahmen könnten dabei im Rahmen einer „Schule für Demokratie und Transparenz“ gebündelt werden. Denkbar wären eine interne Ansprechperson oder Beschwerdestelle, Schulungen für Lehrer Artikel 7, Absatz 1, GG. 

Was tun?? Unsere  Forderungen

1.Finanzierung des Bildungssystems verbessern

Ein zentrales Einfallstor von Lobbyisten ist die Unterfinanzierung des  Bildungssystems in Deutschland. Die Politik muss daher für eine ausreichende Finanzierung der Schulen sorgen. Schulen müssen z.B. finanziell in der Lage sein, aktuelle Schulbücher zu kaufen, ein modernes Chemielabor einzurichten und den Computerraum gut auszustatten. Schulen dürfen nicht in die finanzielle Abhängigkeit von finanzkräftigen Gönnern geraten.

2.Ausbildung verbessern

Zukünftige Lehrkräfte müssen bereits in der Ausbildung für die Gefahren der Einflussnahme sensibilisiert werden. kritisch prüfen. Kooperationen können zu Abhängigkeiten und mangelnder Distanz führen. Die Länder sollten dazu klare Kriterien aufstellen.

3. Werbung umfassend verbieten

Werbung und als Sponsoring verdeckte Werbung muss an Schulen umfassend verboten werden. Die entsprechenden Regelungen sind aktuell so formuliert, dass sie sehr weit ausgelegt werden können. Beispielweise ist in Nordrhein-Westfalen Werbung erlaubt, wenn sie „deutlich hinter den schulischen Nutzen zurücktritt“. Was jedoch „deutlich“ und „grundsätzlich“ bedeuten, entscheidet die Schulleitung oder die Schulkonferenz. Dieses Schlupfloch bietet viel Handlungsspielraum und muss daher geschlossen werden. Damit das Verbot nicht zu Einschränkungen im Schulalltag führt, ist gleich Schulgesetz für das Land Nordrhein-Westfalen,§99.  Info: www.schulministerium.nrw.de/BP/Schulrecht/Gesetze/Schulgesetz.pdf (13.04.2013).

4.Finanzierung offenlegen

Es muss offengelegt werden, wer die Unterrichtsmaterialien finanziert hat. LehrerInnen, Eltern und SchülerInnen müssen auf den ersten Blick erkennen können, vom wem das Material stammt und wessen Interessen darin vertreten werden. Wenn hinter dem Material ein Verein oder eine Stiftung steckt, die sich selber durch Drittmittel finanziert, dann muss zumindest ein Verweis auf deren Finanzierung vorhanden sein.

Bei Gemeinschaftsprojekten muss der Anteil der einzelnen Partner an der Finanzierung offen gelegt werden. Außerdem sollten Namen der AutorInnen sowie die der beteiligten Akteure sichtbar genannt werden. Weitere Angaben über Auflage, Art der Verbreitung und Kosten sind ebenfalls wichtig.

Mit dem Diskussionspapier „Lobbyismus an Schulen“ wollen wir daher die Debatte über den Einfluss von Lobbyisten an Schulen vorantreiben. Die Politik muss dieses Thema aktiv angehen und der Einflussnahme Schranken setzen.

Zugleich liegt es an Eltern, LehrerInnen und SchülerInnen, die Aktivitäten an Schulen kritisch zu hinterfragen – auch wenn diese auf den ersten Blick als Hilfe oder Unterstützung für die Schulen erscheinen mögen. Dann gibt es eine Chance, den Lobbyismus wieder aus den Klassenzimmern zu drängen.

Lobbycontrol – Initiative für Transparenz und Demokratie e.v.,  Friedrichstr. 63, 50676 Köln, Tel: 0221 / 169 65 07, Fax: 0221 / 169 22 660 kontakt@lobbycontrol.de

Quelle: www.lobbycontrol.de

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