Perspektiven: Integration ist machbar

Rund 380 000 Menschen, die im vergangenen Jahr als Flüchtlinge nach Deutschland gekommen sind, stehen dem Arbeitsmarkt in diesem Jahr zusätzlich zur Verfügung. Das zeigen Zahlen der Bundesagentur für Arbeit (BA).

Die meisten Experten sind sich einig: Der Arbeitsmarkt kann zusätzliche Arbeitskräfte verkraften. Im letzten Jahr sind 700 000 neue sozialversicherte Arbeitsplätze entstanden, und die BA zählt zurzeit 2,1 Millionen offene Stellen. Auch das Institut für Arbeitsmarkt- und Berufsforschung (IAB) ist optimistisch: Aus Sicht der IAB-ForscherInnen verläuft die Arbeitsmarktintegration der in Deutschland lebenden AusländerInnen weitgehend positiv, und dabei bezieht das IAB schon länger hier lebende Menschen aus anderen Ländern ebenso mit ein wie Flüchtlinge. Das IAB weist aber auch darauf hin, dass die Integration ein längerer Prozess ist. Erfolg und Geschwindigkeit hingen von Faktoren wie der Länge der Asylverfahren, der Sprachförderung, den Investitionen in Bildung oder der Aufnahmebereitschaft der Wirtschaft ab.

Innovative Konzepte

Die Chancen stehen nicht schlecht, dass Flüchtlinge ihren Platz in den Betrieben finden. Mit innovativen Konzepten gehen die Gewerkschaften voran, betonen aber auch immer wieder, dass Flüchtlinge und Einheimische keinesfalls gegeneinander ausgespielt werden dürfen. So schlägt die IG Metall eine betriebliche Integrationsphase für anerkannte Flüchtlinge und ebenso für Langzeitarbeitslose vor. „Die berufliche Integration ist machbar“, betont Jörg Hofmann, Erster Vorsitzender der IG Metall. Das Konzept sieht vor, dass die Flüchtlinge neben ihrer Arbeit auch an Integrations- und Sprachkursen teilnehmen. Qualifizierung und Arbeit sollen betriebsnah kombiniert werden. Finanziell gefördert werden soll die Integrationsphase von der BA. Dafür sollen bereits vorhandene Programme genutzt werden.

Integrationsphase bietet Chancen

Ziel ist es, den Flüchtlingen möglichst schnell den Zugang zur Arbeit zu ermöglichen. Dies soll auf Basis der tariflichen Entgelte erfolgen. Die Arbeitgeber sollen durch das bereits vorhandene Instrument des Eingliederungszuschusses entlastet werden. Eine Integrationsphase bietet aus Sicht der IG Metall auch bessere Chancen für eine Anschlussbeschäftigung im Betrieb. So könne die berufliche Qualifizierung beispielsweise durch den in der Metall- und Elektroindustrie bestehenden Tarifvertrag Bildungsteilzeit oder das Wegebauprogramm der BA fortgesetzt werden.

Im Bahnbereich hat die EVG gemeinsam mit den Arbeitgebern und weiteren Partnern bereits ein Integrationsprojekt angeschoben. Ein gemeinsames Netzwerk soll aufgebaut werden, um umfassende Angebote zu schaffen. Das Bündnis hat eine Koordinierungsstelle bei der Stiftung Bahnsozialwerk (BSW) eingerichtet. Die Projektpartner wollen möglichst vielfältige Hilfe anbieten. Dazu gehören neben beruflicher Integration und sprachlicher Förderung auch Sport- und Freizeitangebote. Projektpartner sind neben der EVG und den Eisenbahnunternehmen unter anderem der Verband Deutscher Eisenbahnschulen sowie der Verband Deutscher Eisenbahner-Sportvereine.

Selbstverwaltung im Handwerk liefert Lösungen

Auch im Handwerk gibt es gute Ansätze, um Flüchtlingen einen Einstieg in die Arbeitswelt zu ermöglichen. In den Handwerkskammern arbeiten Arbeitgeber- und ArbeitnehmervertreterInnen an Lösungen, um vor Ort Integration zu ermöglichen. Etwa in Nürnberg: Dort haben die Stadt und die Handwerkskammer Mittelfranken eine bereits bestehende Vereinbarung zur Integration von MigrantInnen erweitert, um jungen Flüchtlingen eine Perspektive im Handwerk zu bieten. In Berlin vermittelt das Projekt Arrivo Flüchtlingen mit Arbeitserlaubnis Kontakte zu Berliner Handwerksbetrieben, die Nachwuchs benötigen.

Regelangebote ausbauen

Eine vom Bundesbildungsministerium, von der BA und dem Zentralverband des Deutschen Handwerks geplante Qualifizierungsinitiative für junge Flüchtlinge greift aus Sicht des DGB allerdings zu kurz. Die Initiative „Wege in Ausbildung für Flüchtlinge“ hält die stellvertretende DGB-Vorsitzende Elke Hannack für „einen guten Ansatz“. Für die Integration in Ausbildung dürfe es aber keine Insellösungen für einzelne Wirtschaftszweige geben: „Wir brauchen vielmehr den Ausbau und die Modifizierung von Regelangeboten, die allen Jugendlichen – also Einheimischen und Geflüchteten – offenstehen müssen.“ Eine Bildungskonkurrenz zwischen Einheimischen und Flüchtlingen dürfe nicht zugelassen werden.

Hannack schlägt vor, dass die Jugendlichen zunächst einen Integrationskurs besuchen, also eine offene Berufs- und Studienorientierung durchlaufen. Zudem müssen ihre Kompetenzen erfasst werden. Anschließend soll eine Integrationsphase mit Einstiegsqualifizierung und ausbildungsbegleitenden Hilfen folgen. „Diese Angebote müssen aber auch Einheimischen offenstehen“, fordert Hannack.

Flyer für Flüchtlinge

Menschen, die aus anderen Ländern nach Deutschland kommen, sind häufig Opfer von Ausbeutung in der Arbeitswelt. Einige Arbeitgeber nutzen schamlos aus, dass sie weder die Sprache noch ihre Rechte kennen. Mit insgesamt fünf Faltblättern möchte der DGB vor allem Flüchtlinge über ihre Rechte und Pflichten in der Arbeitswelt aufklären. Jeder Flyer widmet sich einem Thema. Es gibt sie in Deutsch, Englisch, Französisch, Arabisch und Farsi. Die Merkzettel behandeln die Themen Leiharbeit, Scheinselbstständigkeit oder gesetzlicher Mindestlohn.

Der Flyer „Kein Lohn – werden Sie aktiv“ erläutert, was Beschäftigte unternehmen können, um ihren Lohn einzufordern. Alle Flyer können über das DGB-Bestellsystem bezogen werden. Zudem stehen sie zum kostenlosen Download auf der DGB-Internetseite bereit: www.dgb.de/-/Yaw

Quelle: www.dgb.de

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