MK-Studie: Wie Griechenland ohne Sparpolitik dastünde

Infolge der Krise ist die Wirtschaft in Griechenland eingebrochen. Das Bruttoinlandsprodukt sank seit 2007 um mehr als 25%. Dieser Rückgang sei zum größten Teil auf Sparmaßnahmen der Regierung zurückzuführen, schreiben Sebastian Gechert und Ansgar Rannenberg vom Institut für Makroökonomie und Konjukturforschung (IMK) in einer aktuellen Studie. Die Ökonomen haben untersucht, wie Ausgabenkürzungen und Steuererhöhungen zwischen 2010 und 2014 die Wirtschaftskraft des Landes und die öffentlichen Haushalte beeinflussten. Außerdem haben sie berechnet, welche Auswirkungen alternative Strategien gehabt hätten.

Insgesamt wurden in Griechenland zwischen 2010 und 2014 staatliche Konsumausgaben, öffentliche Investitionen und Sozialausgaben in Höhe von insgesamt 29,2 Milliarden Euro gestrichen, gleichzeitig belief sich die Erhöhung von Steuern und Abgaben auf 29,4 Milliarden Euro, ausgedrückt in Preisen von 2010. Nach Berechnungen der IMK-Ökonomen ließen diese Maßnahmen das Bruttoinlandsprodukt um 25,7% schrumpfen.Die Forscher weisen darauf hin, dass die griechische Wirtschaft bereits vor Ausbruch der Krise unter schwerwiegenden Problemen gelitten habe, allen voran unter einem massiven Verlust von Wettbewerbsfähigkeit, einem großen Leistungsbilanzdefizit sowie Kapitalabflüssen aufgrund der Furcht vor einer Staatspleite.

Diese Ausgangslage sei in den von ihnen berechneten alternativen Szenarien ebenso berücksichtigt wie die notwendigen Rettungsmaßnahmen für Staat und Banken. Ein Vergleich der verschiedenen Szenarien zeige jedoch, dass der dramatische Einbruch der Wirtschaftsleistung erst durch die Politik in den Krisenjahren verursacht worden ist.

„Die Austeritätspolitik trägt die Hauptschuld am Rückgang des Bruttoinlandsprodukts“, schreiben Gechert und Rannenberg. Hätte es die Konsolidierung nicht in diesem Ausmaß gegeben, dann wäre dem Land dieser massive Einbruch erspart geblieben. Das Bruttoinlandsprodukt hätte etwa auf dem Stand von 2009 stagniert, so die Wissenschaftler. Zudem habe der durch die Austerität verursachte Einbruch der Wirtschaftsleistung den Schuldenstand relativ zum Bruttoinlandsprodukt weiter ansteigen lassen. In einem Szenario ganz ohne Konsolidierung wäre die Schuldenstandquote heute sogar etwas geringer.

Wäre das komplette Konsolidierungspaket zu einem späteren Zeitpunkt, in einer wirtschaftlichen Aufschwungsphase umgesetzt worden, hätten fast zwei Drittel des BIP-Rückgangs vermieden werden können, während das Primärdefizit – also die Haushaltslücke ohne Zinsen – fast doppelt so stark geschrumpft wäre.

Alternativ hätte auch mit einer sofortigen, aber auf die Einnahmeseite beschränkten Konsolidierung der größte Teil des tatsächlichen Verlustes vermieden werden können, weil Steuererhöhungen die Konjunktur deutlich weniger belasten als Ausgabenkürzungen. Die Schuldenquote im Jahr 2014 läge in diesem Fall um fast 40 Prozentpunkte niedriger.

„Es zeigt sich, dass diejenigen, die frühzeitig vor dem Experiment der Austeritätspolitik in Griechenland gewarnt haben, recht hatten“, urteilen die Wissenschaftler.

Sebastian Gechert, Ansgar Rannenberg: The costs of Greece’s fiscal consolidation (pdf), IMK Policy Brief, März 2015

Quelle: www.boeckler.de

Dieser Eintrag wurde veröffentlicht in News von Vivi. Setze ein Lesezeichen zum Permalink.